Fix/Reperatur: iMac 27″ Grey Screen of Death oder wie der Mac und seine GPU den Hitzetod sterben


grauer bildschirm, mauszeiger, imac apple

Präambel: Der nachfolgende Beitrag ist an Dilettantismus sicher nicht zu übertreffen. Jeder Mensch mit Reflow Maschine und der Möglichkeit professionell Grafikkarten zu „reballen“ wird mit Sicherheit die Hände über dem Kopf zusammenschlagen. Dennoch folgt hier ein Beitrag zum Thema: Wie repariere ich mit Hausmitteln meinen iMac, der beim Start bzw. im Bootmenü hängen bleibt, Grafikfehler verursacht oder einfriert. Funktioniert natürlich grundlegend auch genauso bei 21.5″/27″ iMacs, Macbooks (Pros) etc. pp.von 2006, …, 2009-20xx. Alles natürlich unter der ewigen Prämisse: No risk no fun. Es besteht die Möglichkeit den Grafikchip Eures Macs jenseits aller Reperaturmöglichkeiten zu katapultieren. Lest deshalb weiter, wenn Ihr Eurem Mac neues Leben einhauchen wollt, aber auch cool damit seid, wenn dem nicht so wäre.

Vorgeschichte: Mein iMac von 2009 steht mittlerweile als Zweitrechner für Youtube, Musik und sonstigen Schabernack in meinem „Arbeitszimmer“ (=/= Büro) zur Verfügung. Er findet immer dann Verwendung, wenn ich meiner handwerklichen Leidenschaft fröhne. Da macht … oder besser … machte er aber eine hervorragende Figur. Bis zuletzt. Dann frierte immer öfter der Bildschirm ein oder es zeigten sich lustig bunte Grafikfehler. Natürlich wurden die Vorzeichen leichtsinnig weggetan. Doch dann wollte er irgendwann den grauen Startbildschirm mit dem Apple-Logo nicht mehr skippen. Sprich, egal wie lange er lief und versuchte zu booten: Es zeigte sich lediglich der graue Apple Bildschirm, mit nem (frei bewegbaren) Mauszeiger. Nicht gut. Garnicht gut.

imac gpu repair, imac grafikkarte defekt

Safe Mode Boot war indes möglich (Shift Taste bei Start gedrückt halten) und so konnte ich auch wieder ins System. Da ich -wie gesagt- nichts wichtiges drauf liegen hatte, brauchte ich kein Backup mehr anzulegen, sondern entschied gleich alles Platt zu machen. (Allen anderen sei an dieser Stelle ein Backup der Daten ans Herz gelegt.) Anzumerken ist, dass ich derzeit -nach wie vor- auf Mavericks setze. Ein kleiner Ausflug zu den „OSen“ jenseits der 10.9. waren für mich nicht gewinnbringend, weshalb ich auf das Mavericks auf meinem USB Stick zurückgreifen konnte, um besagtes Vorhaben -Platte löschen & OS installieren- durchzuziehen. (Hier erfahrt ihr, wie Ihr Mac OS Mavericks und die anderen auf den USB Stick bekommt.) Bitte wundert Euch deshalb nicht, dass ihr die alte Nutzeroberfläche mit dem ollen Mavericks seht.

Boot über den USB Stick (Alt bei Start gedrückt halten) bringt mich sofort ins Installationsmenü von Mac OS. Nachdem ich die interne HDD übers Festplattendienstprogramm gelöscht hatte und die Installation abgeschlossen war, startete auch schon Mac OS 10.9 und … übersprang tatsächlich den grauen Startbilschirm mit Apfel Symbol. Schee! Unschee war, dass das OS nach gefühlt 5 Minuten wieder einfror, nicht mehr zum Leben zu erwecken war und ich beim Neustart wieder beim fiesen „Grey Screen of Death“ (heisst der eigentlich ‚offiziell-inoffiziell‘ so?) landete. Tolle Wurst.

Also, Pech gehabt. Ich hab schon halb zum offenen Mülleimer rüber geschielt und mich gefragt, ob der iMac da wohl reinpassen würde. Doch ein letztes Mittel war noch nicht ausgeschöpft und es bestand eventuell doch noch ein Hauch einer Chance für den ansonsten sehr treuen iMac. An dieser Stelle muss ich anmerken, dass ich jahrelang ein IBM Thinkpad T40 besaß, dass ähnliche Symptome zeigte. Nannte sich Flexing und lag an einer defekten GPU. Sprich, ich hegte den Anfangsverdacht, dass die Grafikkarte meines iMac defekt sein könnte. So hatte ich ja bereits Bekanntschaft mit den ein oder anderen Grafikaussetzern machen dürfen, der Bildschirm fror ein, wobei sich der Mauszeiger noch bewegen ließ und die Musik auf Youtube oder Itunes ungerührt weiterlief. Alles mehr oder minder bekannt von meinem damaligen T40.

Beim Thinkpad gab’s damals die Methode das Mainboard im Backofen bei 200 oder 220°C zu backen, um brüchige Lötstellen and der Grafikeinheit -die Ursache des Problems- wieder miteinander zu verbinden. Etwas (etwas!) eleganter war der Einsatz einer Heatgun bzw. eines Heißluftföhns. Auch gab’s ne Millionen Reperaturbetriebe, die ihre Leistung etwa bei eBay feilboten. Letzteres also die fachmännische Reperatur via „Reflow“ oder sogar „Reballing“ gibt’s auch für den iMac. Wie eingangs erwähnt wird mein iMac aber nicht produktiv eingesetzt, sondern ist eine reine Jukebox mit Youtube Funktion. Die 3-400 Flocken sind’s mir einfach nicht wert und ne Austauschgrafikkarte (was beim Thinkpad zwecks Verlötung auf dem Board damals nicht möglich war) sprengt auch jeden Preisrahmen. Btw. wird der MXM III Formfaktor bei den 2009er Geräten verwendet. Doch, obacht. Nicht jede Karte funktioniert!

Nachdem die zwei professionellen Lösungen flach fielen, holte ich also wieder den guten, alten Heißluftföhn hervor und machte mich daran, die GPU bzw. den Grafikchip mit dem Board zu verbinden. Old friends never part.

Das Vorgehen ist im Grunde sehr simpel. Wir versuchen mittels heißer Luft die brüchigen Lötstellen wieder miteinander zu verheiraten, indem wir das Lötzinn wieder verflüssigen. Problematisch ist, dass die Hitze die eigentlich reparierend wirken soll, gleichzeitig zu Beschädigungen führen kann. Die Dosis macht’s. Sprich wir müssen gut abschätzen. um möglichst genau den Schmelzpunkt des Lötzinn erreichen. Professionelle Reflowmaschinen können dementsprechnd eingestellt werden, um über einen bestimmten Zeitpunkt eine bestimmte Temperatur abzugeben. Mit Haushaltsgerät müssen wir diese Variablen anders „sicherstellen“. Darum sollen sich die nachfolgenden Zeilen drehen.

Also, was brauchen wir vor dem Start?

Muss Equipment:

  • Heißlufgerät (bestenfalls regulierbar)
  • Alufolie oder besser Aluklebeband
  • Smartphone
  • Wärmeleitpaste
  • Schraubendreher Kreuz und Torx

Nice-to-have:

  • Laserthermometer
  • Pinzette

Schritt AEntkleiden: Sucht Euch ne schöne Arbeitsumgebung. Je nach Tageszeit machen sich zudem ein Bier oder Kaffee gut. Dann geht’s los. Zunächst entledigen wir dem iMac seiner Grafikkarte. Diese ist in meinem Fall (2009, iMac 27″) nur gesteckt, weshalb lediglich das Glas, der darunter befindliche LCD und die wiederum darunter befindliche HDD sowie das DVD Laufwerk entfernt werden müssen. Anschließend kann die Grafikkarte, nach Lösen der vier Torx Schrauben (drei am Logicboard, eine am Kühlkörper über dem DVD Laufwerk) mitsamt Kühlkörper entnommen werden. Obacht, das Sensorkäbelchen bzw. dessen Anschluss befindet sich hinter dem Logicboard, weshalb die spätere Wieder-Anbringung u.U. die Zuhilfenahme einer Pinzette erfordern könnte oder sehr graziler Hände/Finger! Eine vollständige Anleitung zum Auseinanderbau des iMac erspar ich mir an dieser Stelle. Gibt’s bei Youtube oder iFixit ja schon zur Genüge.

iMac GPU Disassembly, grafikkarte imac ausbauen

Schritt BSaubermachen: Wir befreien Grafikeinheit (links) und Kühlkörper (rechts) von den Resten der fetten Wärmeleitpads mittels Elektronikreiniger o.Ä. Gibt’s in Sprühdosen. Wir sehen, die ori Kühllösung ist nicht die effizienteste und Mitverursacher unserer überhitzten Grafikeinheit.

grafikkarte wärmeleitpaste imac

Schritt CBereich abkleben: Die Karten liegen auf dem Tisch. Pardon, die Karte liegt auf dem Tisch. Am besten legen wir ein Stück Versandkarton drunter und schützen sodann all diejenigen Bereiche via Alufolie oder besser Aluklebefilm, die dem heißen Luftstrahl nicht so sehr ausgesetzt werden sollen. Sprich wir bringen um den Chip herum Alufolie auf. Alu-Klebefilm ist deshalb etwas angenehmer weil’s beim windigen Heizstrahl später nicht wegflattert und schön in Position bleibt. Ansonsten behelft Euch mit Tesafilm oder Gewichten.

iMac Grafikkarte reparieren

Schritt DStunde der Helden: Nun ist es obligatorisch die Grafikeinheit bzw. die Platine anzuwärmen. Wir wollen keinen Temperatursturz verursachen, sondern alles erstmal wohlig warm machen. Nun ist es schön, wenn das Heißluftgerät reguliert werden kann. Entweder via Grad-Wahlscheibe oder in Stufen. Pro-Tipp #1: Ich habe seinerzeit beim T40 vorher mittels Lötdraht getestet, auf welcher Stufe der Schmelzprozess beginnt. Bei meinem Einhell-Baumarktgerät übrigens auf Stufe 2,5, bei einer Entfernung zum Lötzinn von circa 7-10cm. Hier kommt übrigens das Smartphone ins Spiel, dass wahlweise auch durch ne Uhr oder Mitzählen (21, 22, 23, …) ersetzt werden kann. Stoppt den Zeitpunkt, bei der sich das Lötzinn verflüssigt. Beachtet später, dass etwas Wärme durch die umliegende GPU Platine geschluckt wird. Ich hab 5-7 Sekunden draufgeschlagen. Das macht das Einschätzen etwas einfacher und man eliminiert -näherungsweise- eine der zwei oben genannten Variablen, nämlich die der Zeit.

Ist die Platine aufgewärmt konzentrieren wir uns nun auf den Grafikchip und verteilen die Hitze gleichmäßig. Sprich wir gehen langsam den gesamten Grafikchip ab und lassen dabei eine Stoppuhr auf dem Smartphone laufen, um die Zeit im Auge zu behalten. Bei mir hat das Verflüssigen rund 13 Sekunden gedauert. Ich habe etwas draufgeschlagen und circa 20 Sekunden Hitze von 7-10cm Entfernung abgegeben und bin so langsam über die gesamte Chipfläche gewandert. Nach 8 Minuten hatte ich einmal den kleinen Chip beackert.

Nun ist es essentiell die Platine wieder abzukühlen. Widerrum wollen wir keine Schocktherapie, sondern ein möglichst kontinuierliches abkühlen erreichen. D.h. die nächsten 10 Minuten wieder mit dem Heißluftgerät draufhalten, bei einer Entfernung von 15-20cm und niedrigerer Einstellung (1 oder 1,5). Wenn Euer Gerät nicht einstellbar sein sollte, reguliert den Hitzefluss über den Abstand zur GPU. Lasst den ganzen Kram dann noch, weiterhin in der Alufolie eingeschlagen, liegen. Ne halbe bis eine Stunde war’s bei mir.

Schritt EDie Stunde der Wahrheit. Nun pinseln wir alles mit neuer Wärmeleitpaste ein. Sollten die alten, fetten Wärmeleitpads noch auf dem Kühlkörper sein, müsst Ihr diese wohl oder übel noch runterkratzen. Nehmt nicht den alten Kram nochmal! Wärmeleitpads sind eh nicht das beste und Apple hat ordentlich tief in die Kiste ungünstiger Wärmeleiter gegriffen. Letztendlich ist das ja auch Teil des ursächlichen Problems! Holt euch gutes Zeug. Und macht bloß auch gleich alle Lüfter im System sauber. (Ebenfalls Teil des Problems) Pressluftgerät oder Pressluft aus der Dose auf die Lüfter und Luftkanäle geben. Achtet darauf, die Lüfter dabei festzuhalten, um diese nicht leer drehen zu lassen. Die Lager könnten ansonsten Schäden davon tragen.

Pro-Tipp #2: Anpressdruck des Kühlkörpers erhöhen. Wenn wir schon alles auseinandergebaut liegen haben, können wir nun mittels Kabelbinder, welchen wir oberhalb des Grafikchips/ der Verschraubungen, um den Kühlkörper, samt Platine wickeln den Anpressdruck erhöhen und dadurch die Effizienz des Kühlkörpers steigern. Klar, mehr Kontaktfläche = besserer Abtransport der Wärme. Das Bild ist leider erst entstanden, nachdem ich den ganzen Kram verkabelt wieder hinter dem LCD hatte verschwinden lassen. Aber im Grunde befestigt Ihr schlicht einen sehr langen Kabelbinder um den Kühlkörper, der direkt auf der GPU sitzt. Dieser sitzt direkt am Übergang zum Steg neben dem DVD Laufwerk.

Kabelbinder Anpressdruck GPU Pressure imac

Alles paletti. Dann setzen wir die Grafikeinheit wieder ein, schließend den LCD zu Kontrollzwecken wieder an und starten den Mac …

.. Grusel, Schauder, Schrecken. Bange Sekunden, doch der Anmeldebidschirm erscheint! Gutes Zeichen. Doch nicht zu früh freuen. Problem in erster Instanz war ja, dass der Mac zu heiß gelaufen ist. Vermutlich hatte sich so lange Staub angesetzt, bis die eh schon überforderte Lüfter-/Kühlkombi die Segel gestrichen hat. Der Bildschirm kann bei erfolgloser Reperatur ja immernoch einfrieren, wenn er warm geworden ist.

Wenn aber alles wieder sauber ist und neue Wärmeleitpaste den Grafikchip schmückt, haben wir hier zumindest schon Mal beste Arbeit geleistet. Doch auch Softwaretechnisch können wir noch nachhelfen, damit der Mac zukünftig kühleren Kopf behält. Es ist Zeit für smcFan Control und Hardware Monitor. Ersteres steuert die Lüfterdrehzahl und zweiteres zeigt Euch alle Temperaturen, die von den Sensoren des Rechners gesendet werden und schlägt -auf Wunsch- sogar Alarm, wenn’s zuviel werden solle.

Mittels smcFan Control erhöhen wir zunächst die Lüftergeschwindigkeiten nach oben. Meine Werte sind zum Beispiel 1800/1500/1500 rpm. Der Mac summt zwar nun etwas lauter vor sich hin, das ist aber ein verglichen kleiner Preis, meines Erachtens nach.

imac temperatur temperature

Schritt FFinale Grande: Zuletzt steht der Belastungstest an. D.h. wir stressen nun die Grafikeiheit. Bei Windows haben wir unzählige Möglichkeiten, dies zu tun, aber auch beim Mac (zumindest den schon etwas betagteren, wie dem meinen einen) haben wir die Möglichkeit die GPU auszureizen. Wir installieren Benchmark Valley und schmeißen dies sodann an. Das lassen wir dan auch die nächsten 3-4 Stunden laufen. Ich hab btw. keine Einstellung gefunden, die einen unendlichen Loop ermöglicht, weshalb ich das Teil immer wieder manuell nach einem abgeschlossenen Loop starten musste. Um noch mehr Last und damit Temperatur zu erzeugen können wir gleichzeitig den „yes-command“ über das Terminal ausführen. Dieses beansprucht alle vier Kerne des Quadcore und erhöht die Temperatur im Gerät.

grafikstresstest

Schritt GAlles gut?! Ich hoffe so! Wenn nicht, alles nochmal von Anfang. Vielleicht war die Heizdauer nicht lang genug oder die Temperatur zu niedrig? Erhöht beides etwas und probiert’s erneut. Wenn aber alles toll ist, glückwunsch. Wir haben alles in unserer Macht stehende getan, damit der Mac erstmal nicht auf die Schlachtbank muss und wieder arbeitet. Wie lange? Weiß, keiner. Aber hey, wir sind dann ja fürs nächste Mal gewappnet.

Sobald sich etwas neues ergibt (oder auch nicht) folgt noch ein Langzeitbericht.